Kommt der europäische Einheitsgatsch?
„Die Presse“ brachte in ihrer Leserpost vom 20.5.2020 die stark gekürzte Stellungnahme Michael Breiskys zu dem am 9.5. erschienenen Gastkommentar von Stefan und Andreas Broca „Eine zentrale Rolle in dieser Krise wird die EZB spielen“. Die ungekürzte Stellungnahme lautet:
Kommt der europäische Einheits-Gatsch?
Die Brüder Brocza meinen (Die Presse“ vom 9.5.2020), dass die EZB zum neuen Machtzentrum Europas wird, weil die „Sachlogik“ seit dem ersten kleinen Souveränitätsverzicht der Nationalstaaten auf diffusem Wege, aber unaufhaltsam zu einer „immer engeren Gemeinschaft“ führt, was wohl nur der europäische Einheitsstaat sein kann. Tatsächlich schrieb schon Jean Monnet am 30. April 1952 einem Freund zur Gründung der Montanunion: „Die Nationen Europas sollen zum Superstaat geführt werden, ohne dass seine Menschen das verstehen. Das kann schrittweise geschehen, wobei jeder einzelne Schritt hinter einem wirtschaftlichen Ziel versteckt wird – was schließlich unausweichlich zur Vereinigung (federation) führen wird.“
Wenn Monnet schon damals so etwas wie eine europäische Kopie der USA im Sinn hatte, so war das zwar kühn, aber nicht abwegig; denn mit der Ausnahme des südlichen Drittels Italiens waren die Gründerstaaten ein wirtschaftlich und kulturell homogenes Gebiet. Heute stimmt das leider nicht mehr – wir brauchen zwar Europa mehr den je, aber unaufhaltsame Einheitlichkeit wird als ernste Bedrohung verstanden.